Cameronbridge 14 Jahre Called to Submission - Brave New Spirits
Riechen
Rotwein-Noten öffnen die Tür zu einer komplexen Aromenwelt – tiefe, rote Früchte vermählen sich mit roter Grütze, die an sommerliche Beerenexplosionen erinnert. Doch hier hört die Fruchtigkeit nicht auf: Eukalyptus-Kirschbonbons sorgen für eine fast medizinische Frische, die dem Ganzen eine erfrischend-würzige Dimension verleiht.
Die nussige Seite zeigt sich kraftvoll mit Cashewnüssen und cremigem Nougat, während dunkle Schokolade dem Bouquet Tiefe und Schwere verleiht. Ein Hauch von Zimt und Salbeitee fügt kräuterige Würze hinzu – hier orchestriert jedes Aroma seine eigene kleine Heldengeschichte, ohne dass eines die Oberhand gewinnt. Die Nase ist ein perfekt ausbalanciertes Ensemble, bei dem jeder Bestandteil seine Rolle kennt und meisterhaft spielt.

Schmecken
Und dann kommt der ordentliche Punch. Dieser Grain zeigt am Gaumen, warum er "Called to Submission" heißt – er dominiert den Mund mit einer Kraft, die atemberaubend ist. Massiv trocken tritt er auf, ohne dabei stumpf oder eindimensional zu wirken. Die Textur ist cremig und umhüllend, fast schon ölig in ihrer Fülle.
Rosinen und Purge-Treidigkeit, eine fast schon rustikale Getreidesüße, bilden das kraftvolle Fundament. Darüber tanzen Kaffeebohnen mit ihrer bitteren Eleganz, während Cranberries säuerlich-fruchtige Akzente setzen. Ein Hauch von Puderzucker rundet das Geschmackserlebnis ab und sorgt für einen überraschend eleganten Kontrapunkt zur massiven Trockenheit.
Abgang
Der lange Abgang ist das würdige Finale dieser aromatischen Heldensaga. Dunkle Eiche meldet sich mit ihrer gerbstoffbetonten Präsenz zurück, und wieder zeigt sich diese charakteristische Trockenheit, die den gesamten Whisky wie ein roter Faden durchzieht. Sie ist nicht unangenehm. Im Gegenteil: Sie ist das Rückgrat, das diesem Grain seine Struktur gibt.
Rosinen und rote Früchte hallen nach – ein Echo der Nase, das minuten- und schluckweise präsent bleibt.
Gedanken
Wo viele Single Grain Whiskys auf Sanftheit und Zurückhaltung setzen, geht der Cameronbridge 14 Jahre den mutigen Weg der Konfrontation. Die Aromen springen einen nur so an, und das Fass bestimmt den Ton – vermutlich ein erstklassiges Sherry- oder Rotweinfass, das diesem Whisky seine rubinrote Farbe und seine opulente Fruchtigkeit verliehen hat.
Dies ist kein Grain Whisky für Einsteiger, die nach sanfter Vanille und Karamell suchen. Dies ist ein Grain für Fortgeschrittene, für alle, die verstehen, dass Komplexität und Kraft keine exklusiven Privilegien von Single Malts sind.
Bewertung: 85/100 - Ausgezeichnet (Marcel: 83 | Sascha: 87)
Preis-Leistung: 4/5 - Gut
FAQ: Die häufigsten Fragen
❓ Für wen eignet sich dieser Grain Whisky?
👉 Der Cameronbridge 14 Jahre ist ideal für fortgeschrittene Whisky-Trinker, die bereits Erfahrung mit kräftigen, fassstark abgefüllten Whiskys haben. Wer Sherry-geprägte Malts schätzt oder sich für das unterschätzte Potenzial von Grain Whisky interessiert, findet hier einen außergewöhnlichen Vertreter. Für absolute Einsteiger könnte die Intensität und Trockenheit überwältigend sein, hier empfiehlt sich zunächst eine sanftere Grain-Abfüllung.
❓ Was macht diesen Grain Whisky so besonders im Vergleich zu typischen Cameronbridge-Abfüllungen?
👉 Die meisten Cameronbridge-Whiskys werden für Blends verwendet und sind entsprechend neutral gestaltet. Diese Einzelfass-Abfüllung von Brave New Spirits jedoch zeigt, was passiert, wenn ein ausgewähltes Fass mit 14 Jahren Reifung und vermutlich intensiver Sherry- oder Rotweinfass-Nachreifung seine volle Kraft entfaltet. Die Kombination aus hohem Alkoholgehalt (50,3% Vol.), langer Reifung und charakterstarkem Fass macht den Unterschied zwischen gewöhnlichem Blend-Bestandteil und eigenständigem Geschmackserlebnis.
❓ Sollte ich Wasser hinzufügen oder ihn pur genießen?
👉 Bei 50,3% Vol. ist dieser Whisky durchaus zugänglich genug für den puren Genuss. Die Aromen sind kraftvoll, aber gut integriert. Experimentierfreudige können mit wenigen Tropfen Wasser arbeiten: Ein kleiner Spritzer kann die Fruchtigkeit noch stärker betonen und die Trockenheit etwas mildern. Empfehlung: Erst pur probieren, dann individuell anpassen. Die massive Textur und cremige Mundgefühl kommen pur am besten zur Geltung.